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Zivilschutz
Organisation
Jérôme Glorie, Generaldirektor Zivile Sicherheit: "In letzter Zeit sprechen einige Medien von einer Rückkehr zur Situation der Zwischenkriegszeit für den Fall, dass Einsatzeinheiten des Zivilschutzes wieder Bestandteil der Landesverteidigung werden. Als Generaldirektor der Zivilen Sicherheit habe ich hier meine Bedenken."

 

1934 ist im Zuge der damaligen internationalen Spannungen die "Liga für den passiven Luftschutz der Bevölkerung und der zivilen Einrichtungen" gegründet worden. Die Freiwilligen der Liga sollten bei eventuellen Luftangriffen die Bevölkerung warnen, Erste Hilfe leisten und nach Bombardierungen den Schutt räumen. 1938 wurde entschieden, die inzwischen "Passiver Luftschutz" genannte Liga dem Ministerium der Landesverteidigung und nicht mehr dem Ministerium des Innern zu unterstellen. Während des Zweiten Weltkriegs musste der Passive Luftschutz - im Gegensatz zur Armee, die sich nach London zurückgezogen hatte - in Belgien bleiben, um den Menschen Schutz und Hilfe zu bieten. Aus diesem Grund wurde 1940 beschlossen, ihn dem Ministerium des Innern zu unterstellen.

Heute, 70 Jahre später, sprechen einige Medien von einer Rückkehr zur Situation der Zwischenkriegszeit für den Fall, dass die Einsatzeinheiten des Zivilschutzes wieder Bestandteil der Landesverteidigung werden. Als Generaldirektor der Zivilen Sicherheit habe ich hier meine Bedenken.

Die Aufträge des Zivilschutzes bestehen zu einem wesentlichen Teil darin, der Feuerwehr unentgeltlich technische und spezialisierte Unterstützung zu bieten. Hierfür sind eine gemein¬same Kultur der zivilen Sicherheit und die tägliche Zusammenarbeit mit diesen Hilfsdiensten unerlässlich. Eine Integrierung des Zivilschutzes in die Armee würde unvermeidlich eine größere Distanz zu diesen Hilfsdiensten herbeiführen. Dadurch würde auch die Hilfeleistung für Bürger in Not an Kohärenz und Organisation verlieren, während dies heute dank der Zusammenlegung von Feuerwehr und Zivilschutz unter dem Dach der Generaldirektion Zivile Sicherheit beim Föderalen Öffentlichen Dienst Inneres gewährleistet werden kann.

Zudem könnten die Feuerwehrkorps sich gezwungen sehen, in bestimmtes schweres Gerät zu investieren, sodass eine Übertragung des Zivilschutzes an die Landesverteidigung zu Mehrkosten für die Gemeinden führen würde.

Wenn Feuerwehr und Zivilschutz bei internationalen Einsätzen im Rahmen des europäischen Katastrophenschutzes oder der Vereinten Nationen Menschen im Ausland helfen, wird vorausgesetzt, dass sie von der unterstützten Bevölkerung als zivile Hilfsdienste wahrgenommen werden. Denn es gilt zu vermeiden, dass ihnen die lokale Bevölkerung mit einer negativen Einstellung begegnet, sie unnötig in Gefahr geraten und ihr Hilfseinsatz beeinträchtigt wird.

Dies sind natürlich nur einige der Argumente. Da wären beispielsweise noch die Problematik des Verwaltungs- und Besoldungsstatuts und die besondere Situation der Wehrdienst¬verweigerer in unseren Reihen. Auch auf Einsätze, die wir für lokale und provinziale Behörden durchführen, wird hier nicht weiter eingegangen. Überdies bin ich davon überzeugt, dass unser Personal noch manch andere Argumente anführen kann, die gegen eine Integrierung des Zivilschutzes in die Landesverteidigung sprechen.

Ich beabsichtige jedoch nicht, mit vorliegendem Blogeintrag sämtliche Argumente gegen diesen Vorschlag aufzulisten (laut Informationen, die der Generaldirektion Zivile Sicherheit über die Vorbereitungsarbeiten für das derzeit verhandelte Regierungsabkommen vorliegen, ist diese Option inzwischen ohnehin nicht mehr Gegenstand der Verhandlungen). Mir geht es vor allem darum, unser Personal zu beruhigen. Ich bedauere, dass es diese Gerüchte in Bezug auf seine Zukunft über die Presse erfahren musste und dass wir hierüber in den kommenden Wochen vermutlich noch keine endgültige Sicherheit haben werden.

Ich bin überzeugt, dass die Herausforderungen, denen wir beim Zivilschutz begegnen, nicht durch eine Integrierung in die Landesverteidigung gelöst werden. In den kommenden Jahren sollten wir des Verwaltungs- und Besoldungsstatut verbessern und mit dem des Einsatz-personals der neuen Hilfeleistungszonen abgleichen sowie eine neue Arbeitszeitregelung ausarbeiten. Es gilt, kreative Lösungen für eine Aufstockung der Investitions- und Funktionsmittel zu finden und noch enger mit Feuerwehr und Polizei zusammenzuarbeiten. Äußerst wichtig ist auch, dass wir eine Lösung für den gravierenden Personalmangel und die Überalterung der Einsatzeinheiten finden. Wäre es daher nicht besser, dem Zivilschutz Militärpersonen, die weniger für Kampfaufträge in Frage kommen, zur Verfügung zu stellen, z.B. in Form einer Militärabteilung des Zivilschutzes?

In jedem Fall werden wir unser Personal informieren, sobald uns nähere bestätigte Angaben über die Zukunft unserer Organisation vorliegen.